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Wechselflexion im Luxemburgischen und Deutschen

Wer Deutsch spricht, stößt schnell auf ein Phänomen, das als ›Wechselflexion‹ bezeichnet wird. Schon im ersten Satz dieses Texts sind zwei Beispiele enthalten, nämlich spricht und stößt. In beiden Fällen weist der Infinitiv des Verbs, sprechen bzw. stoßen, einen anderen Wurzelvokal auf als die zweite und dritte Person Singular im Präsens (sprichst und spricht bzw. stößt für beide Personen). Agné (2016) definiert Wechselflexion als »Vokalwechsel im Präsensparadigma starker Verben«.

Das Phänomen ist aus verschiedenen Gründen interessant: Zum einen kommt es in einigen Varietäten vor und fehlt in anderen eng verwandten. Im deutschen Sprachraum findet man es nicht nur in der Standardsprache, sondern auch in westmitteldeutschen Regionalsprachen (mehr dazu bei Agné 2016). Im Standardniederländischen ist es hingegen nicht (mehr) vorhanden; dafür kommt es auch in den Niederlanden regional vor: Ich habe vor einigen Jahren über die Systematik des Vokalwechsels im Gronings geschrieben (mehr dazu in Schoonhoven/Bergmann 2015). Andere niederdeutsche/niedersächsische Varietäten auf der niederländischen oder der deutschen Seite der Grenze zeigen den Vokalwechsel ebenso wie das Westfriesische. Auch in südlichen Regionalsprachen auf dem Gebiet der Niederlande, zum Beispiel der Varietät von Maastricht, ist der Vokalwechsel belegt. Und auch im Luxemburgischen begegnet man diesem Phänomen. Außerhalb des Westgermanischen tritt Vokalwechsel im Färöischen auf. Zum anderen ist die Funktion, die der Vokalwechsel in den Varietäten erfüllt, in denen er vorkommt, recht unklar. Und zum Dritten ist der Vokalwechsel Gegenstand von Variation: Während im Deutschen bei weniger frequenten Verben Abbau zugunsten des Infinitivvokals zu beobachten ist (so lauten die Formen von flechten für viele nicht mehr flichtst, flicht, sondern flechtest, flechtet), hat das Luxemburgische Verben in das System einbezogen, die historisch nicht daran teilgenommen haben.

Dieser Blogpost will einen kleinen Beitrag zur Erfassung der Wechselflexion im Luxemburgischen und Deutschen leisten. Meines Wissens gibt es keine frei verfügbare Online-Übersicht, die spezifisch alle Verben des Standarddeutschen und des Luxemburgischen auflistet, die von Wechselflexion betroffen sind. Eine solche Übersicht stelle ich am Ende dieses Beitrags zur Verfügung – in der Hoffnung, dass sie Lernenden das Erlernen und Forschenden das Erforschen dieses Phänomens erleichtert.

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Doppelt downloaden – auf Deutsch und auf Niederländisch

Wer ein Perfekt will, braucht ein Partizip. Das haben sich die meisten vermutlich schon gedacht. Aber wie kommt man an ein Partizip? Im Deutschen und im Niederländischen funktioniert das ziemlich ähnlich. Nehmen wir mal ein nicht zusammengesetztes schwaches Verb. Hierbei nimmt man für das Partizip Perfekt den Verbstamm (also das, was vom Verb übrig bleibt, wenn man das en der Grundform, des Infinitivs weglässt), klebt ge davor und t dahinter. Das ergibt: packen  gepackt und pakken  gepakt. Im Niederländischen gibt es noch die Besonderheit, dass das t ein d sein kann, wenn der Verbstamm mit bestimmten Lauten endet (z. B. fällen  gefällt vs. vellen  geveld). Kommen Vorsilben (Präfixe) ins Spiel, verhalten sich die Sprachen ebenfalls ähnlich. Liegt die Betonung auf dem Präfix, kommt ge zwischen das Präfix und den Stamm: auspacken  ausgepackt und uitpakken  uitgepakt. Das sind sogenannte trennbare Verben, da sich das Präfix in manchen Formen vom Stamm löst: ich packe aus und ik pak uit. Liegt die Betonung auf dem Stamm und nicht auf dem Präfix, fällt das ge weg: verpacken  verpackt und verpakken  verpakt. Diese Verben sind nicht trennbar, da sich das Präfix nie vom Stamm löst: ich verpacke und ik verpak. Ein Unterschied zwischen Niederländisch und Deutsch ist der Umgang mit Verben, die keine Vorsilben haben und bei denen trotzdem die Betonung auf einer anderen als der ersten Silbe liegt. Im Deutschen verhalten sich diese Verben wie Verben mit unbetonten Präfixen: massieren  massiert. Im Niederländischen wird, wie bei einfachen Verben mit Erstbetonung, ein ge davor geklebt und ein t oder d dahinter: masseren  gemasseerd. Das alles kann man in jedem Lehrbuch für Deutsch oder Niederländisch nachlesen – also, warum erzähle ich das hier?

Es gibt Verben, die sich innerhalb dieses Schemas unerwartet verhalten oder bei denen sich innerhalb der Standardsprache Variation ergibt. Das sind nicht unbedingt Verben, die seit hunderten von Jahren in den beiden Sprachen vorkommen, sondern Neuzugänge – zum Beispiel aus dem Englischen. Wie verhält es sich zum Beispiel mit downloaden, das im Deutschen und Niederländischen in dieser Form vorkommt? Die erste Frage wäre, ob es sich hier um ein Wort mit einem Präfix handelt. Im Englischen würde man die Frage wohl mit Ja beantworten – so wie sie auch im Deutschen für das Äquivalent herunterladen zu bejahen wäre. Down ist das Präfix, load(en) die Basis. Nehmen wir an, das Wort würde im Deutschen und Niederländischen wie ein Verb mit betontem Präfix behandelt. Dann müsste das Partizip Perfekt downgeloadet bzw. downgeload lauten. Aber Präfixe aus anderen Sprachen werden, wenn Wörter entlehnt werden, in der Zielsprache nicht immer als solche erkannt. Wenn downloaden im Deutschen und Niederländischen wie ein einfaches Wort mit Initialbetonung behandelt würde, müsste das Partizip gedownloadet bzw. gedownload lauten. (Dass es im Deutschen auch noch orthografische Variation gibt, wenn bisweilen downgeloaded mit englisch anmutender, aber in den amtlichen Rechtschreibregeln nicht vorgesehener -ed-Endung geschrieben wird, ignoriere ich an dieser Stelle.)

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Zwischen Wulvers und Wohlwort

Ich war neulich in einem Einkaufszentrum, fand die Toilette nicht und fragte daher die Mitarbeiterin eines Ladens, wo sich die Toiletten befinden. Sie antwortete: »Beim Woolworth links« – oder phonetisch: [baɪ̯m ˈvɔl.vɔɐ̯t ˈlɪŋs]. Und schon war ich bei der Frage: Wie spricht man eigentlich Woolworth aus?

Die Geschichte der Unternehmen, die unter Woolworth firmier(t)en, ist kompliziert und für die vorliegende Frage so uninteressant, dass ich sie hier nicht zusammenfasse. In jedem Fall wurde das ursprüngliche Unternehmen von Frank Winfield Woolworth (1852–1919), einem amerikanischen Unternehmer, gegründet. Schlägt man seinen Namen in einem Aussprachewörterbuch des Englischen nach (z. B. dem Longman Pronunciation Dictionary), findet man dort für das amerikanische Englisch [ˈwʊl.wɝːθ] und für das britische Englisch [ˈwʊl.wəθ] bzw. [ˈwʊl.wɜːθ]. Hört man sich an, wie englischsprachige Menschen auf YouTube den Namen aussprechen, deckt sich das mit diesen Angaben.

Im Deutschen wird der Name anders ausgesprochen – nicht zuletzt, weil die meisten Laute der englischen Aussprache im deutschen Lautsystem nicht vorkommen. So erscheint [w] im Deutschen nur marginal, nämlich in Entlehnungen aus dem Englischen. Es ist wohl eher als freie Variante von /v/ zu betrachten denn als Phonem. Im Aussprache-DUDEN steht: »Für englisches <w> und <wh> sind eingedeutschtes [v] und ausgangssprachliches [w] üblich, wobei jüngere Entlehnungen oder Wörter mit weiteren englischen Phonemen eher [w] haben.« Das englische /l/ lautet in diesem Wort bzw. in einigen Varietäten generell [ɫ], ist also – anders als im Standarddeutschen – velarisiert. /ɜː/ hat im Deutschen keine direkte Entsprechung. [θ] verhält sich ähnlich wie [w]. Ich zitiere wiederum den Aussprache-DUDEN: »Der nur in wenigen gängigen Entlehnungen vorkommende dentale Frikativ [θ] (Thriller, Thread) wird im Alltag häufig als [s] eingedeutscht (selten als [t]), bei Berufssprechern (v. a. bei englischen Namen) und bei fortgeschrittener Fremdsprachenkenntnis aber regelmäßig als [θ].« Damit ist [ʊ] der einzige Laut in diesem Namen, der im Englischen und Deutschen gleichermaßen vorkommt.

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Over de uitspraak van ‘bondage’

Ik kijk weleens naar Per Seconde Wijzer. Het is een leuke quiz – en ik ben altijd weer benieuwd welke plaats- of persoonsnamen Erik Dijkstra deze keer verkeerd gaat uitspreken. Met de uitspraak van zelfstandig naamwoorden gaat het meestal beter, maar laatst meende ik hem op een rare uitspraak te hebben betrapt. Ik weet niet meer waar de vraag over ging en het doet er ook niet toe, maar één van de woorden die hij voorlas, was bondage (in de betekenis ‘mensen vastbinden met wederzijds goedvinden’). Erik Dijkstra zei [bɔnˈdaːʒə], alsof de spelling bondáázje was. Bondáázje? Volgens mij spreek je het woord in het Nederlands uit alsof je het bóndutsj schrijft – of [ˈbɔndət͜ʃ] in fonetisch schrift.

De een roept dit, de ander dat. Op die manier kom je er niet uit. Er zat dus niks anders op dan het maar weer aan de mensen te vragen, meer specifiek: de mensen op Twitter.

Dit is de vraag die ik stelde, en dit zijn de resultaten:

Laten we de resultaten even samen doorlopen: allereerst valt op dat erg weinig mensen hebben meegedaan aan deze poll (54 in totaal). Mensen waren ook niet zo happig om de poll te retweeten. (Daarom een bijzondere dank aan degenen die wel hebben meegedaan of de poll wel hebben geretweet!) Als we het aantal stemmen afzetten tegen de 1578 stemmen bij de laatste poll, is dat bijna niets, nog geen vier procent. Misschien zijn er minder mensen die een mening over de uitspraak van het woord hebben of vonden veel mensen het onderwerp toch een beetje te pikant (ook al kan ik sowieso niet zien wie heeft meegedaan). Niks aan te doen, maar toch jammer. Ik ga desondanks doen alsof de resultaten iets zeggen over de manier waarop bondage door sprekers van het Nederlands wordt uitgesproken.

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Over de uitspraak van ‘eunuch’

Wat is een eunuch? Dat is niet moeilijk te achterhalen: volgens Wiktionary gaat het om een “gecastreerde bewaker van een harem”. Andere woordenboeken zeggen ongeveer hetzelfde. Maar hoe spreek je het woord uit? Ook daar zijn bronnen voor: Wiktionary heeft een geluidsopname waarin een stem te horen is die /ˈøː.nəx/ of iets dergelijks zegt. (De tekens tussen de schuine strepen zijn fonetische symbolen die volgens de conventies van het Internationaal Fonetisch Alfabet worden gebruikt. Lees hier meer over het klankinventaris van het Nederlands.) In het gratis woordenboek op de website van Van Dale is het woord als eu·nuch aangegeven. Daaruit kunnen we opmaken dat het twee lettergrepen heeft en dat de klemtoon op de tweede daarvan zou liggen. In de ABN-uitspraakgids van P.C. Paardekooper uit 1978 is het woord als /œʏ̯ˈnyx/ opgenomen, dus met de klemtoon op de tweede lettergreep en met de /y/ van Ruud. Even samenvatten: er is één woordenboek dat suggereert dat de klemtoon op de eerste lettergreep ligt, terwijl twee andere woordenboeken het tegendeel beweren. Het feit dat verschillende bronnen niet dezelfde informatie geven, betekent niet dat de één het goed heeft en de anderen fout zitten. Maar het duidt op variatie – dat wil zeggen dat verschillende sprekers het woord op verschillende manieren uitspreken. Om erachter te komen hoe het zit, moeten we verder kijken dan in de woordenboeken.

Als je wil weten of er variatie is, is er maar een manier: je moet het aan de mensen vragen. Dat deed ik op Twitter. Velen deelden mijn oproep, velen stemden. Hartelijk dank aan iedereen die eraan heeft bijgedragen dat ik nu van 1578 mensen (ongeveer) weet hoe ze het woord eunuch uitspreken. Een van de grote voordelen van Twitter-polls is dat het enorm makkelijk is om er een te beginnen en nog makkelijker om eraan deel te nemen (mits je op Twitter zit). Een van de grote nadelen ervan is dat we vrij weinig weten over de deelnemers aan de poll. Zijn het Nederlanders, Belgen, Surinamers of komen ze nog ergens anders vandaan? Spreken ze überhaupt Nederlands? (Je kunt ook voor de gein aan polls deelnemen waarvan je niet eens de vraag snapt.) Hoe oud zijn ze? Is Nederlands hun enige taal? Het enige wat we weten, is dat ze aan de poll hebben meegedaan. Daar moeten we het maar mee doen.

Ik was geïnteresseerd in twee kwesties: ten eerste de klemtoon (eerste of tweede lettergreep); ten tweede de uitspraak van de eerste klank van het woord eunuch (zoals in het woord beu of zoals in het woord bui). Mensen mochten kiezen tussen vier opties (dat is het maximale aantal voor Twitter-polls):

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Ligatures and contextual alternates

The self‌less butterfly. Or: Using and avoiding ligatures.

Typeset letters of the Latin alphabet are typically unconnected – such as the ones you are reading right now. There are typefaces in which letter shapes (glyphs) appear mostly connected (e.g., styles mimicking handwriting or calligraphy). In this piece, though, I will focus on typefaces in which most glyphs are not connected to their neighbours, but separated from them by a certain amount of white space.

Even in such typefaces, there are cases in which letters are represented by a connected shape. This is referred to as a ligature. There are two common reasons for using ligatures: First, the juxtaposition of letters in a word can lead to an overlap of shapes that is considered aesthetically displeasing by the designer. Adding more white space between the shapes does not always resolve the problem in a way that is seen as satisfactory. Sometimes it is perceived as a better solution to merge the overlapping shapes into one shape that represents several letters. Second, ligatures can also be used for decorative purposes, when shared shapes are created for letters that normally would not overlap.

In digital typesetting, a ligature that deals with an unwanted overlap is referred to as a ‘standard’ ligature (OpenType feature liga) – shown in the top part of the picture below. The overlapping glyphs are highlighted in red; the ligature glyph in which the accidental overlap is replaced by a smooth connection is highlighted in blue. A decorative ligature is a ‘discretionary’ ligature (OpenType feature dlig) – shown in the bottom part of the picture. The glyphs highlighted in green do not overlap; when a connecting element is added, this leads to the blue ligature glyphs. Discretionary ligatures are often used sparingly and, as the name indicates, at the typesetter’s discretion. Their use will not be discussed here. (The serif typeface used for all the samples in this article is Noort by Juan Bruce.)

Standard ligatures and discretionary ligatures

In this piece, I would like to argue the following:

  • It is preferable to avoid standard ligatures (i.e., ligatures used for dealing with glyph overlaps) and to handle overlaps in a way that keeps letter shapes unconnected.
  • If standard ligatures are used, their use must be in line with language-specific structural rules. Unconnected alternatives must be provided for all ligature pairs.
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On cognates and friends, true and false

Learning a language is hard, so every little bit helps: If English is your mother tongue and you start learning German, you will be delighted to hear that the German word for hand is Hand. You may be less delighted to hear that the English word gift does not translate to its German orthographic counterpart Gift (which means ‘poison’), but to Geschenk. Then again, if you like linguistics, you will be delighted to hear that not just the former, but also the latter pair of words is etymologically related (both gift in English and Gift in German refer to something that is given to someone, the verb give also being related to the nouns). So, we have three aspects of relatedness in words: the origin (where words come from); the form (how they are written); the meaning (how we define them). For some clusters of relatedness, there are established terms: The term I have always used for words that share the same spelling, but not the same meaning is ‘false friends’ (e.g., gift/Gift). Today I learned through a blog post by Jonathon Owen that some English speakers (erroneously) refer to such false friends as ‘false cognates’ – a term that would properly be applied to words that share the same meaning and the same form across languages, but that are in fact etymologically unrelated. Inspired by said blog post, I made an overview of different types of relations between word pairs across languages, based on origin, form, meaning or some combination thereof. You can download a PDF version of the chart by clicking on the image below:

An overview of words that share the same origin, form, meaning or some combination thereof

Die englische ›type foundry‹ und ihre deutschen Äquivalente

Abstract

How do you translate type foundry into German? Gießerei (literally castery), the traditional term from the era of metal typesetting, is not used for digital foundries and seems unlikely to be revived. This text is supposed to ignite a debate about possible alternative terms. These include Schriftanbieter (literally type offerer), Schriftenhaus (type house), Schriftherausgeber (type editor), Schrifthersteller (type producer), Schriftlabel (type label), Schriftverlag (type publisher) and the English loan word Foundry.

Einleitung

Wie übersetzt man type foundry ins Deutsche? Bei einer Diskussion auf Twitter, die sich um die Suche nach einem Begriff für die deutsche Wikipedia drehte, wurde klar, dass es hierzu keinen Konsens gibt. Grund genug, sich das englische Original und einige mögliche Übersetzungen genauer anzusehen.

Den englischen Begriff definiert Wiktionary als »a company that designs and/or distributes typefaces« (»ein Unternehmen, das Schriftarten gestaltet und/oder verbreitet«). Erster Bestandteil ist type – ein Wort mit griechischen Wurzeln (altgr. τύπος ›Schlag, Stoß; Abdruck; Gepräge, Relief; Abbild, Vorbild, Vorlage; Form, Gestalt‹ zu τύπτειν ›schlagen, stoßen‹), das, übers Lateinische und Französische, Ende des 15. Jahrhunderts ins Englische kam. Ausgehend von älteren Bedeutungen wie ›(Vor-)Bild, Vorlage; charakteristische Form‹ wird es seit dem frühen 18. Jahrhundert für Drucklettern verwendet. In dieser Bedeutung wird es im Deutschen mühelos mit ›Schrift‹ wiedergegeben, so auch in einigen Wörtern, die im Weiteren besprochen werden. Der zweite Teil der Begriffs ist es, der bei der Übertragung ins Deutsche Schwierigkeiten bereitet. Drucklettern entstanden bzw. entstehen in einer foundry. Auch dieses Wort, das im Englischen seit dem 16. Jahrhundert belegt ist, stammt aus dem Französischen: Das Verb fondre, das wiederum auf das lateinische fundere zurückgeht, bedeutet unter anderem ›schmelzen‹. Eine fonderie ist eine Werkstatt, in der Metall geschmolzen und in neue Formen gebracht wird, zum Beispiel Buchstabenformen (deren Kombination zum Zeichensatz einer Schriftart als font bezeichnet wird). Im Deutschen bezeichnet man solche Werkstätten seit dem frühen 17. Jahrhundert als Gießerei bzw., wenn sie sich mit der Herstellung von Buchstaben beschäftigen, als Schriftgießerei.

Der deutsche Begriff Gießerei ist, anders als sein englisches Gegenstück, in der Zeit verblieben, in der Buchstaben aus Metall waren. Für Unternehmen, die sich mit digitaler Schrift beschäftigen, hat er sich nicht eingebürgert. Aber was soll man dann verwenden? Dass sich die Frage überhaupt stellt, dürfte auch daran liegen, dass ein Großteil des Geschäfts in dieser Branche auf Englisch abgewickelt wird. Auch auf Deutsch wird über Schrift geschrieben, aber häufiger noch auf Englisch. Die Zahl der type foundries, die eine deutschsprachige Website unterhalten, ist niedrig. In der Diskussion und bei der Recherche tauchten dann doch sechs Wörter auf, die die nähere Betrachtung lohnen: Schriftanbieter; Schrifthaus; Schriftherausgeber; Schrifthersteller; Schriftlabel; Schriftverlag (bei allen kann der erste Teil auch ›Schriften-‹ lauten, aber die Verteilung der Formen ist nicht bei allen Begriffen dieselbe).

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Auf ein Wort (24): Céline Dion

Céline Dion frz. (QC) [seˌlɪn ˈd͡zjɒ̃]; frz. (FR) [seˌlin ˈdjɔ̃]; engl. (AE) [səˌlɪn diˈɑn]

Erläuterungen

Angesichts der Bekanntheit von Céline Dion war ich überrascht, wenig Diskussionen über die Aussprache ihres Namens zu finden. Als ›ursprüngliche‹ Lautung kann man wohl die betrachten, die der quebecischen Aussprache des Französischen folgt. Mit dieser Varietät ist die Sängerin aufgewachsen. Im Vergleich zur Aussprache in Frankreich, die hier als Zweites angegeben ist, fallen einige Unterschiede auf.

Zum einen ist der Vokal in der zweiten Silbe des Vornamens in der kanadischen Aussprache zentralisiert. Zu den geschlossenen Vokalen [i], [y] und [u] in Frankreich kommen in Québec [ɪ], [ʏ] und [ʊ] hinzu, die erstere in vielen geschlossenen Silben ersetzen und sowohl lang als auch, wie hier, kurz sein können. In ihrer englischen Aussprache des eigenen Namens übernimmt Céline Dion diesen zentralisierten Vokal. Es sei darauf hingewiesen, dass die Lautung mit [iː] – also [səˈliːn] oder auch [seˈliːn] mit Vollvokal in der ersten Silbe – im Englischen von anderen Sprechern am häufigsten zu hören ist.

Ein weiterer Unterschied zwischen den zwei französischen Varietäten findet sich im Nachnamen: Im quebecischen Französisch werden [t] und [d] vor Vordervokalen affriziert, also [t͜s] bzw. [d͜z] gesprochen. Außerdem ist der Nasalvokal am Ende im Vergleich mit der Aussprache in Frankreich offener. In Québec werden die Laute, die in Frankreich nasale Monophthonge sind, zudem von einigen Sprechern diphthongiert – im Fall von [ɔ̃] zu [ɒ̃ʊ̯̃]. Die Aussprache des Nachnamens in einer Silbe wird im Englischen zu zwei Silben aufgebrochen, wobei in der zweiten, betonten Silbe meist ein Vokal aus dem ›lexical set‹ von lot verwendet wird, also [ɒ] im britischen und [ɑ(ː)] im amerikanischen Englisch.

Eindeutschung

Für deutsche Sprecher ist der Name keine allzu große Herausforderung. Als Eindeutschung zu empfehlen wäre [seˌliːn ˈdi̯õː] (ungefähr: ßee-LIHN DIÕ). Der Vorname reimt auf ›Berlin‹. Der Nachname kann auch zweisilbig – also [diˈjɔ̃] – ausgesprochen werden. Wer kann, sollte der im Deutschen verbreiteten Tendenz widerstehen, den Nasalvokal denasaliert und gefolgt von [ŋ] auszusprechen.

Quellen

Valse klemtoonvrienden:
Wortbetonung im Deutschen und Niederländischen

Als ›falsche Freunde‹ bezeichnet man Paare von Begriffen, die in zwei Sprachen eine ähnliche Form, aber eine unterschiedliche Bedeutung haben. Am häufigsten kommen solche Paare in Sprachen mit gemeinsamem Ursprung vor. Listen deutsch-englischer falscher Freunde füllen Bücher, während die Kombination Kurdisch/Guaraní an solchen Stolperfallen eher arm sein dürfte. Meist geht es nämlich um Kognaten, also Wörter identischer Herkunft, die sich über die Jahrhunderte semantisch weiter als lautlich voneinander entfernt haben. Falsche Freunde sind diese Begriffe deshalb, weil sie beim Zweitspracherwerb für Schwierigkeiten sorgen: Wer eine Sprache lernt, die der eigenen Erstsprache bzw. einer bereits erlernten Zweitsprache ähnlich ist, nutzt das Vorwissen und versucht anfangs, sich die neue Sprache durch den Transfer von Elementen der bekannten Sprache zu erschließen. Oft trennt die Erst- und die Zweitsprache ja bloß eine unbedeutende Lautverschiebung bei tatsächlich identischer Bedeutung.

Transfer findet aber auch statt, wenn es nicht um Semantik geht. Im morphologischen Bereich ist zum Beispiel bekannt, dass deutsche Muttersprachler das grammatikalische Geschlecht (Genus) niederländischer Wörter mit hoher Trefferquote nennen können – schlicht auf der Basis ihrer Kenntnis des Deutschen. Falsche Freunde in diesem Bereich wären Wörter wie ›Orgel‹ (gleichbedeutend in beiden Sprachen), das im Deutschen ein Femininum ist, im Niederländisch dagegen ein Neutrum. Ein Bereich, in dem seltener über Transfer gesprochen wird, ist die Wortbetonung. Allerdings dürfte auch hier der Spracherwerb zumindest anfangs auf Transfer basieren. Man geht – nicht ganz zu Unrecht – davon aus, dass die Betonung ähnlicher Wörter in ähnlichen Sprachen auf derselben Silbe liegt.

Im Folgenden stelle ich eine Liste von mehr als 60 Wortpaaren vor, die im Deutschen und Niederländischen (fast) gleich geschrieben, aber (meist) unterschiedlich betont werden. Eine Frage, die ich hier nicht beantworten werde, ist die nach dem Warum – allerdings nicht, weil sie uninteressant wäre. Der Grund ist, dass die Liste mehrheitlich relativ rezente Fremd- und Lehnwörter enthält. Bei solchen Wörtern wird die Wortbetonung – anders als bei nativen Wörtern oder älteren Lehnwörtern – nicht ausschließlich von fonologischen Prinzipien bestimmt. Oft spielen auch die Herkunfts- oder Vermittlersprache bzw. sprachinterne Ähnlichkeiten eine Rolle. Diese Faktoren für die untenstehenden Wörter zu entwirren, geht über das hinaus, was ich hier leisten kann. Sollte sich jemand die Mühe dieser Arbeit machen, bitte ich um Nachricht. Selbiges gilt bei Fehlern und Unvollständigkeiten, insbesondere in Bezug auf Lautungen, die außerhalb von Deutschland oder den Niederlanden gebräuchlich sind.

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