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On cognates and friends, true and false

Learning a language is hard, so every little bit helps: If English is your mother tongue and you start learning German, you will be delighted to hear that the German word for hand is Hand. You may be less delighted to hear that the English word gift does not translate to its German orthographic counterpart Gift (which means ‘poison’), but to Geschenk. Then again, if you like linguistics, you will be delighted to hear that not just the former, but also the latter pair of words is etymologically related (both gift in English and Gift in German refer to something that is given to someone, the verb give also being related to the nouns). So, we have three aspects of relatedness in words: the origin (where words come from); the form (how they are written); the meaning (how we define them). For some clusters of relatedness, there are established terms: The term I have always used for words that share the same spelling, but not the same meaning is ‘false friends’ (e.g., gift/Gift). Today I learned through a blog post by Jonathon Owen that some English speakers (erroneously) refer to such false friends as ‘false cognates’ – a term that would properly be applied to words that share the same meaning and the same form across languages, but that are in fact etymologically unrelated. Inspired by said blog post, I made an overview of different types of relations between word pairs across languages, based on origin, form, meaning or some combination thereof. You can download a PDF version of the chart by clicking on the image below:

An overview of words that share the same origin, form, meaning or some combination thereof

Auf ein Wort (24): Céline Dion

Céline Dion frz. (QC) [seˌlɪn ˈd͡zjɒ̃]; frz. (FR) [seˌlin ˈdjɔ̃]; engl. (AE) [səˌlɪn diˈɑn]

Erläuterungen

Angesichts der Bekanntheit von Céline Dion war ich überrascht, wenig Diskussionen über die Aussprache ihres Namens zu finden. Als ›ursprüngliche‹ Lautung kann man wohl die betrachten, die der quebecischen Aussprache des Französischen folgt. Mit dieser Varietät ist die Sängerin aufgewachsen. Im Vergleich zur Aussprache in Frankreich, die hier als Zweites angegeben ist, fallen einige Unterschiede auf.

Zum einen ist der Vokal in der zweiten Silbe des Vornamens in der kanadischen Aussprache zentralisiert. Zu den geschlossenen Vokalen [i], [y] und [u] in Frankreich kommen in Québec [ɪ], [ʏ] und [ʊ] hinzu, die erstere in vielen geschlossenen Silben ersetzen und sowohl lang als auch, wie hier, kurz sein können. In ihrer englischen Aussprache des eigenen Namens übernimmt Céline Dion diesen zentralisierten Vokal. Es sei darauf hingewiesen, dass die Lautung mit [iː] – also [səˈliːn] oder auch [seˈliːn] mit Vollvokal in der ersten Silbe – im Englischen von anderen Sprechern am häufigsten zu hören ist.

Ein weiterer Unterschied zwischen den zwei französischen Varietäten findet sich im Nachnamen: Im quebecischen Französisch werden [t] und [d] vor Vordervokalen affriziert, also [t͜s] bzw. [d͜z] gesprochen. Außerdem ist der Nasalvokal am Ende im Vergleich mit der Aussprache in Frankreich offener. In Québec werden die Laute, die in Frankreich nasale Monophthonge sind, zudem von einigen Sprechern diphthongiert – im Fall von [ɔ̃] zu [ɒ̃ʊ̯̃]. Die Aussprache des Nachnamens in einer Silbe wird im Englischen zu zwei Silben aufgebrochen, wobei in der zweiten, betonten Silbe meist ein Vokal aus dem ›lexical set‹ von lot verwendet wird, also [ɒ] im britischen und [ɑ(ː)] im amerikanischen Englisch.

Eindeutschung

Für deutsche Sprecher ist der Name keine allzu große Herausforderung. Als Eindeutschung zu empfehlen wäre [seˌliːn ˈdi̯õː] (ungefähr: ßee-LIHN DIÕ). Der Vorname reimt auf ›Berlin‹. Der Nachname kann auch zweisilbig – also [diˈjɔ̃] – ausgesprochen werden. Wer kann, sollte der im Deutschen verbreiteten Tendenz widerstehen, den Nasalvokal denasaliert und gefolgt von [ŋ] auszusprechen.

Quellen

Auf ein Wort (20): Jupiler

Jupiler frz. [ʒypiˈlɛːʀ]

Jupiler ist eine Biermarke aus dem französischsprachigen Teil Belgiens, der Wallonie. Sie hat ihren Namen von dem Ort, in dem sich die Brauerei Piedbœuf [pjeˈbœf] befindet, die dieses Bier braut: Jupille-sur-Meuse [ʒyˌpij syʀˈmøːz] (früher selbstständige ›commune‹, heute Stadtteil von Liège/Luik/Lüttich).

Allerdings wird der Markenname nicht nur, wie oben angegeben, auf Französisch ausgesprochen, sondern auch häufig in niederländischsprachigen Kontexten – und zwar aus zwei Gründen: Erstens ist Belgien ein dreisprachiges Land; das Bier wird auch in Flandern (und gewiss auch im deutschsprachigen Teil des Landes) getrunken. Zweitens ist Jupiler Hauptsponsor der Pro League, der höchsten Spielklasse im belgischen Fußball, und der Eerste Divisie, der zweithöchsten Klasse im niederländischen Fußball. Dabei unterscheidet sich die übliche Aussprache in Belgien und den Niederlanden: In Belgien, wo die französische Lautung vielen bekannt ist, hört man im Niederländischen meist [ˈʒypilɛːɾ] (wobei das Phonem, für das ich hier [ɾ] notiert habe, den jeweiligen regionalen Lautwert annimmt). Im Vergleich mit der französischen Aussprache rutscht also nur die Betonung an den Wortanfang. In den Niederlanden ist diese Aussprache selten zu hören. Zunächst wird dort das [ɛ] der letzten Silbe von praktisch allen Sprechern zum Schwa reduziert. Einige Niederländer sagen also so etwas wie [ˈʒypiləɹ] (wobei auch hier das Phonem, für das ich die westniederländische Realisierung [ɹ] eingesetzt habe, regionaler Variation unterliegt). Viele andere ersetzen jedoch zusätzlich das französisch anmutende [ʒ] der ersten Silbe durch [j], den Laut also, dem geschriebenes ›j‹ im Niederländischen wortinitial meist entspricht. Das ergibt als gängigste Aussprache des Markennamens in den Niederlanden [ˈjypiləɹ].

Ritzenblitzer. Oder: Die internationale Analrinne.

Ich habe jüngst festgestellt, dass sich die Bezeichnungen für die beim Vornüberbeugen durch tief sitzende Hosen sichtbare Analrinne (Crena ani – besser bekannt als Gesäßspalte, Arschritze oder dergleichen) in den Sprachen Europas deutlich unterscheiden. Vor allem scheint nicht jede Sprache dieselben Berufe (bzw. überhaupt einen Beruf) damit zu assoziieren. Am allgemeinsten ist das Deutsche, wo man umgangssprachlich von einem Handwerkerdekolleté sprechen kann. Alternativ wird aber auch vom Maurerdekolleté (das die Deutsche Welle mal als Wort der Woche würdigte) oder vom Klempnerdekolleté geredet. Letzteres ist, so vermute ich, durch das Englische inspiriert, wo plumber’s crack bzw. plumber butt Begriffe für dieses Phänomen sind. Vor allem in Großbritannien sind auch builder’s bum und builder’s cleavage gängig. Der üblichste Begriff im Niederländischen ist bouwvakkersdecolleté, zu dem es übrigens auch als deutsche Entsprechung das Bauarbeiterdekolleté gibt. Das Niederländische hat – neben bildecolleté (Hinterndekolleté) als einer der wenigen Bezeichnungen, die ohne Nennung eines Berufs auskommen – noch das stratenmakersdecolleté aufzuweisen. Das Portugiesische bietet einen offenbar vor allem in Brasilien gebräuchlichen Begriff für die entblößte Ritze, und zwar cofrinho – wörtlich übersetzt: Sparschwein (das wiederum an den amerikanischen coin slot denken lässt). Die Formulierung pagar cofrinho (ins Sparschwein einbezahlen) verwendet man, wenn jemand dieses modischen Verbrechens schuldig wurde. Noch nie vorgekommen ist dies offenbar in Frankreich; einen französischen Begriff habe ich jedenfalls nicht finden können.

Update (22. 1. 2016):

Im vergangenen Jahr kam Adrien Hervé-Pellissier, ein Unternehmer aus dem französischen Rennes, in die Presse als Erfinder spezieller Unterwäsche, die das Entblößen der Analrinne bei vornübergebeugter Haltung verhindern soll. In der Berichterstattung über das neue Produkt tauchte dann auch ein französischer Begriff dafür auf: sourire du plombier (Lächeln des Klempners) – so auch der Name der Unterwäschemarke. Andernorts wurde die Variante sourire du maçon (Lächeln des Maurers) bzw. schlicht raie du maçon (Maurerritze) genannt. In der Zwischenzeit wurde mir noch ein weiterer französischer Begriff dafür zugetragen: parking de vélo (sinngemäß: Fahrradständer). Merci, Nathalie!

Frankreich in Groningen

Unlängst begegnete ich einem Gedicht des Groninger Dichters Peter Visser, der im Dialekt über sein ›aldereerste wichtje‹ – sein allererstes Mädchen – schreibt. Das Gedicht heißt ›Woar vien ik die‹ (und wurde auch von Siemen Visser vertont); seine sechste und vorletzte Strophe lautet.

Mien leutje wicht, ik blief die toerloos zuiken
of wait ik ook: krieg die ja nait weerom
Wat mout ik aans? Mien God! t Blift mie muiten
dat ik die nooit, woaraarms ook, tegenkom

Drei Wörter habe ich hierdurch gelernt: erstens woaraarms, was man, wie man sich schon denken kann, so viel wie ›irgendwo; wo auch immer‹ bedeutet; zweitens muiten, was nichts mit dem gleichlautenden standardniederländischen Wort für ›meutern‹ zu tun hat, sondern ›leidtun, reuen‹ bedeutet (die Herkunft ist mir leider unbekannt); drittens ›toerloos‹. Das ist das interessanteste der drei Wörter, wie ich finde. Ich war nicht mal sicher, ob es ein exklusives Dialektwort ist, aber dem ist wohl so. Im aktuellen Van Dale hat es jedenfalls keine Spuren hinterlassen. Entgegen meiner Vermutung, dass es so was wie ›ruhelos‹ heißt, bedeutet es ›immer, unaufhaltsam‹. Und woher kommt’s? Aus dem Französischen, von toujours, wie mir das Woordenboek der Nederlandsche Taal verrät. Andere Dialekte haben das Wort zu toeresoer und dergleichen verballhornt, aber die Groninger Form toereloers bzw. toerloos entfernt sich in dieser Hinsicht am weitesten vom Ursprung. Vielleicht hat es mit dem weiten Weg zu tun, den das Wort ab der französischen Grenze zurücklegen musste. Weniger überraschend ist, dass toujours auch in an Frankreich grenzenden deutschen Regionen Fuß gefasst hat, und zwar in Formen, die im Wesentlichen durch Akzentverschiebung auf die erste Silbe vom Französischen abweichen (vgl. die Einträge sub voce ›tuschur‹ im Pfälzischen und im Rheinischen Wörterbuch).