Schlagwort-Archive: Groningen

Frankreich in Groningen

Unlängst begegnete ich einem Gedicht des Groninger Dichters Peter Visser, der im Dialekt über sein ›aldereerste wichtje‹ – sein allererstes Mädchen – schreibt. Das Gedicht heißt ›Woar vien ik die‹ (und wurde auch von Siemen Visser vertont); seine sechste und vorletzte Strophe lautet.

Mien leutje wicht, ik blief die toerloos zuiken
of wait ik ook: krieg die ja nait weerom
Wat mout ik aans? Mien God! t Blift mie muiten
dat ik die nooit, woaraarms ook, tegenkom

Drei Wörter habe ich hierdurch gelernt: erstens woaraarms, was man, wie man sich schon denken kann, so viel wie ›irgendwo; wo auch immer‹ bedeutet; zweitens muiten, was nichts mit dem gleichlautenden standardniederländischen Wort für ›meutern‹ zu tun hat, sondern ›leidtun, reuen‹ bedeutet (die Herkunft ist mir leider unbekannt); drittens ›toerloos‹. Das ist das interessanteste der drei Wörter, wie ich finde. Ich war nicht mal sicher, ob es ein exklusives Dialektwort ist, aber dem ist wohl so. Im aktuellen Van Dale hat es jedenfalls keine Spuren hinterlassen. Entgegen meiner Vermutung, dass es so was wie ›ruhelos‹ heißt, bedeutet es ›immer, unaufhaltsam‹. Und woher kommt’s? Aus dem Französischen, von toujours, wie mir das Woordenboek der Nederlandsche Taal verrät. Andere Dialekte haben das Wort zu toeresoer und dergleichen verballhornt, aber die Groninger Form toereloers bzw. toerloos entfernt sich in dieser Hinsicht am weitesten vom Ursprung. Vielleicht hat es mit dem weiten Weg zu tun, den das Wort ab der französischen Grenze zurücklegen musste. Weniger überraschend ist, dass toujours auch in an Frankreich grenzenden deutschen Regionen Fuß gefasst hat, und zwar in Formen, die im Wesentlichen durch Akzentverschiebung auf die erste Silbe vom Französischen abweichen (vgl. die Einträge sub voce ›tuschur‹ im Pfälzischen und im Rheinischen Wörterbuch).

Prinsentuin

Blick nach Nordosten auf die 1731 gefertigte Sonnenuhr des Prinsen(hof)tuin – eine der schönsten, die ich je gesehen habe. Die Uhr zeigt neben der wahren Sonnenzeit (hier von den Rosen verdeckt) auch die Sonnenscheindauer am aktuellen Tag und noch so einiges mehr an, wie auf dieser Seite erläutert wird. Und sie zeigt – oben in goldener Schrift auf schwarzem Grund – einen lateinischen Spruch, der etwa so auf Deutsch übersetzt werden könnte: ›Die vergangene Zeit ist nichts, die der Zukunft ungewiss, die der Gegenwart unbeständig. Die Zeit, die dir gegeben ist, verschwende nicht.‹ (Tempus præteritum nihil, futurum incertum, præsens instabile. Cave ne perdas hoc tuum.)

Emmasingel




Drei Ansichten von Ultra, alle mit Blick nach Süden. Die von Silvia B. geschaffene Figur scheint auf den ersten Blick die perfekte Frau, das Nonplusultra darzustellen – mit ihrer eleganten Blässe, den hohen Wangenknochen, der modischen Frisur, dem ausladenden Dekolleté und dem Kinnpiercing. Auf den zweiten Blick erst sieht man, dass nicht ihre viel zu kurzen Beinchen sie aufrecht erhalten, sondern nur der Reifrock, und dass ihre Arme, auf denen sie sich fortbewegt, Prothesen ähneln. Ultra ist bloß die Summe verschiedener Schönheitsideale, deren Kombination nicht zwangsläufig wieder Schönheit ergibt. Zu dem Werk inspirierten die Künstlerin unter anderem wissenschaftliche Entwicklungen, die den machbaren Mensch als Ziel zu haben scheinen.

Balkgat


Blick nach Westen auf ein kleines von der Bahnstrecke nach Delfzijl, dem Friesestraatweg und dem Wasser von Balkgat bzw. Reitdiep begrenztes Viertel mit gerade mal vier Straßen: Smalstraat, Korte Straat, Breitnerstraat (benannt nach George Hendrik Breitner, niederländischer Maler des 19. Jahrhunderts) und Van Goghstraat – Schildersbuurt (Malerviertel) eben.

Doctor C. Hofstede de Grootkade


Blick nach Süden auf den einzigen Wasserturm in der Stadt Groningen, der noch durch Waterbedrijf Groningen genutzt wird. Ende dieses Jahres soll er allerdings verkauft werden und eine andere Funktion bekommen. Gebaut wurde der Turm 1912 nach einem Entwurf von J. A. Mulock Houwer; er ist mit gut 56 Metern einer der höchsten Wassertürme des Landes.