Archiv für den Monat: September 2013

Apfel & Ei

Ich stellte neulich mit Erstaunen fest, dass der DUDEN nur einzige Form der Redewendung führt, die ich als ›für ’n Appel und ’n Ei‹ wiedergegeben hätte, und zwar ›für einen Apfel und ein Ei‹. Für mich klang das eher artifiziell und steif, weshalb ich mich fragte: Ist das wirklich die gängigere Form? Abgelenkt wurde ich von der Frage, woher die Redewendung eigentlich stammt – und im Grunde verrät das die von mir präferierte Form bereits. Sie muss in jedem Fall nördlich der Speyerer Linie entstanden sein, wo man im Dialekt ›Appel‹ sagt, während es südlich der Isoglosse ›Apfel‹ heißt. Während ich bei einer oberflächlichen Onlinerecherche früheste deutsche Belege aus der Mitte des 19. Jahrhunderts gefunden habe, scheint die Redensart in den Niederlanden bereits ein Jahrhundert früher in Verwendung gewesen zu sein. Allerdings war die Reihenfolge der Elemente hier anfangs anders – also erst das Ei, dann der Apfel. Über niederdeutsche Dialekte dürfte die Verbindung ins Standarddeutsche gewandert sein. Bei Google Books findet sich beispielsweise eine Grammatik der Mundart von Mülheim a. d. Ruhr von 1898, in der neben dieser noch andere stark ans Niederländische erinnernde Wendungen zu finden sind. Zurück zur Häufigkeit: Verschiedene Quellen liefern hierbei unterschiedliche Daten. Sucht man ganz einfach nach den entsprechenden Formen bei Google, macht die Apfel-Form rund 44 Prozent der Ergebnisse aus. Im Ngram Viewer von Google Books macht die Analyse erst ab frühestens 1975 Sinn, da in den vorherigen Jahren meist nur ein Treffer für eine der beiden Formen zu finden ist. Extrem hoch ist die Trefferzahl auch in den Jahren danach teilweise nicht. Berücksichtigt man die Jahre von 1975 bis 2008, kommt die Apfel-Form auf einen Anteil von gut 60 Prozent. 1989 ist das letzte Jahr, in dem eine der Formen ausschließlich vorkam. Zählt man nur die Werte aus den Folgejahren, reduziert sich der Apfel-Anteil leicht auf 55 Prozent. Im Deutschen Referenzkorpus/Archiv der Korpora geschriebener Gegenwartssprache macht die Apfel-Form dagegen bloß knapp 27 Prozent aus, wobei dieses Ergebnis primär auf Quellen aus Deutschland beruht. In Österreich werden beide Formen etwa gleich häufig verwendet; in der Schweiz kommt die Appel-Form, bei wiederum niedrigen Trefferzahlen, gar nicht vor. Zusammenfassend lässt sich jedenfalls sagen, dass die Appel-Form in den betrachteten Quellensammlungen keine extreme Seltenheit darstellt oder teilweise sogar die Mehrheit der Belege ausmacht. Es wäre nicht falsch, diese Form in ein (mehr oder weniger) deskriptives Wörterbuch des Deutschen aufzunehmen.