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Agnomina Rheydts

Wenn von der ›Stadt der Lagunen‹ die Rede ist, weiß jeder, dass es um Venedig geht. Haßloch gilt als das ›größte Dorf Deutschlands‹ (auch wenn’s nicht stimmt). Hinter der ›Stadt der Mangobäume‹ verbirgt sich Belém in Brasilien (auch wenn’s kaum einer weiß). Und Finnland will das ›Land der tausend Seen‹ sein (Mecklenburg aber auch). Orte und Regionen haben aus verschiedenen Gründen Beinamen: Mal sind die Namen historisch gewachsen (Venedig wurde bereits im 19. Jahrhundert ›Stadt der Lagunen‹ genannt), mal dienen sie der praktischen Unterscheidung (Neustadt an der Weinstraße – weil es im deutschsprachigen Raum zahlreiche Neustädte gibt), mal haben sie einen werblichen Hintergrund (mindestens zwei Städte, Rüthen und Waiblingen, führen den Slogan ›Junge Stadt in alten Mauern‹).

Derartige Beinamen tauchen in der Presse regelmäßig auf: Wenn man einen Artikel über Pariser Taschendiebe mit ›Stadt der Diebe‹ überschreibt (und die Anspielung für alle, die sie nicht begriffen haben, im Vorspann noch mal erklärt), schlägt man mehrere Fliegen mit einer Klappe: Der Ton für den Artikel ist gesetzt. Man muss nicht mehrmals ›Paris‹ schreiben. Und man sagt mit dem Beinamen mehr aus als mit dem Städtenamen an sich. Aber was macht man bei Städten, die keinen Beinamen haben? Bei Städten, die keine Sau kennt? Man denkt sich halt selbst was aus, um den Ort zu beschreiben: Nürnberg ist die »fränkische Metropole« (Frankfurter Neue Presse); Blankenhain im Weimarer Land ist ein »abgelegenes Kleinstädtchen« (Thüringer Allgemeine); Haan in Nordrhein-Westfalen wird zu »einer Schlafstadt zwischen Wuppertal, Solingen und Düsseldorf« (taz); Schwabing galt im 19. Jahrhundert noch als »unbedeutendes, verschlafenes Dorf im Norden der Residenzstadt« (Süddeutsche).

Vielleicht lohnt es sich, und sei’s nur zur Unterhaltung, die Beinamen – Agnomina – eines Ortes einmal näher zu betrachten. Mein Fallbeispiel ist nicht Venedig oder Paris, sondern Rheydt. Warum Rheydt?

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